Das musikalische Gehör

Fach Fach

Klasse 12

Autor Melodia

Veröffentlicht am 12.03.2018

Schlagwörter

musikalisches Gehör musikalisches Gedächtnis Gehör

Zusammenfassung

Hier wird das musikalische Gehör thematisiert, wozu man es braucht und wie es sich entwickeln kann. Außerdem wird auch der Vorgang des Hörens / der auditiven Wahrnehmung erklärt und in Bezug zum musikalischen Gehör gestellt.

Die Ausbildung des musikalischen Gehörs, auch musikalisches Gedächtnis genannt, gehört zu den Grundvoraussetzungen eines Sängers, da es ihn dazu befähigt rhythmisierte Folge von Intervallen korrekt aufzunehmen und wiederzugeben. Jedem Ton ist eine bestimmte Frequenz zugewiesen, so liegt der Kammerton A beispielsweise bei 440Hz. Demzufolge ist es für den Sänger elementar zu lernen, welche wahrgenommene Frequenz welchem Ton zuzuweisen ist, um diesen dann zu reproduzieren.

Das Gehörorgan besteht aus dem äußeren, sichtbaren Ohr, dem Mittel- und Innenohr und dem Cortischen Organ. Zunächst findet der periphere Teilprozess des Hörens statt. Das äußere Ohr mit der Gehörmuschel und dem auditiven Gehörgang ist für die Aufnahme der Schallwellen zuständig, bis diese das Trommelfell erreichen. Dieses ist die Trennung zwischen äußerem Ohr und dem Mittelohr. Letzeres dient der Umwandlung von Luftschallwellen in Flüssigkeitsschallwellen. Dabei werden zunächst die Luftschallwellen, durch die im Mittelohr befindlichen „Knöchelchen“: Hammer, Amboss und Steigbügel verstärkt. Sie funktionieren wie ein Hebelsystem und sind untereinander beweglich. Der auftreffende Schall wird dadurch auf das viel kleinere ovale Fenster projiziert, dabei erhöht sich der Schalldruck um den Faktor 17. Diese Verstärkung des Signals findet am besten bei 1 kHz bis 3 kHz statt. Bei tieferen oder viel höheren Frequenzen werden diese kaum noch intensiviert, bis ihre Stärke nichtmehr ausreichend ist um weiter verarbeitet zu werden, dies erklärt warum das menschliche Gehör nur Töne im Frequenzbereich von 16 Hz bis 20 kHz wahrnehmen kann.

Im Innenohr findet dann der zentrale Teilprozess des Hörens statt. Das Innenohr wird auch als „knöchernes Labyrinth“ bezeichnet, denn seine vielen Kanäle, Hohlräume und Sinneszellen sind von Knochenmaterial umgeben, welches nach dem Zahnschmelz das härteste Material im menschlichen Körper ist. Das Innenohr besteht aus vielen Kanälen, die Flüssigkeiten enthalten, welche durch Schallwellen in Bewegung kommen. Für das Hören ist hauptsächlich ein komplexes, spiralgewundenes Organ zuständig, welches als Schnecke oder aus medizinischer Sicht als Cochlea bezeichnet wird. Sie besteht aus zwei großen Kammern, dem Vorhofgang (Scala vestibuli) und dem Paukengang(Scala tympani), welche durch die sogenannte Scala media getrennt werden. Die Scala media ist mit einer Flüssigkeit namens Endolymphe, die beiden großen Kammern mit Perilymphe gefüllt. Letztere stehen an der Schneckenspitze (Helicotrema) miteinander in Verbindung. Durch die Übertragung des Schalls über das Mittelohr auf das ovale Fenster werden Schwingungen auf die Perilymphe übermittelt, wobei das runde Fenster zum Druckausgleich dient.

Diese Schwingungen laufen in dem gleichen Rhythmus ab, wie sie vom Mittelohr übertragen wurden und versetzen die Flüssigkeit Endolymphe in der Scala media in Bewegung, damit sogenannte Wanderwellen entstehen. An dieser Stelle schaltet sich das Cortische Organ in den Prozess ein. Es ist das kleinste Sinnesorgan des Menschen mit einer Längsausdehnung von knapp 4 cm. Ebenfalls ist es Träger von fast 15.000 Haarzellen des Menschen und die Schnittstelle zwischen den akustischen, sowie mechanischen Schwingungen und den Nervensignalen, die an das Gehirn weiter geleitet werden. Je nach Frequenz erreichen die Wanderwellen ein Amplitudenmaximum, welches nur die Haarzellen, die innerhalb dessen liegen, stimuliert. Durch das Anregen der Haarzellen entsteht ein Aktionspotential, welches auch als elektrische Erregung bezeichnet wird. Dieses Aktionspotential sendet nun die Information über Frequenz, Intensität und Klangfarbe des gehörten Tones über den Hörnerv (Nervus acusticus) an das Gehirn. Sobald das elektrische Signal im Gehirn angekommen ist, ist der Vorgang des Hörens oder auch auditiven Wahrnehmens eines Tones abgeschlossen. Jeder Mensch besitzt diese Fähigkeit des Hörens, solange keine Störung, wie Taubheit oder Schwerhörigkeit vorliegt.

Doch das „musikalische“ Hören ist noch etwas mehr als nur das auditive Wahrnehmen. Ein gutes musikalisches Gehör ermöglicht es, die gehörten Töne aufgrund ihrer Frequenz einem Ton zuzuordnen und diesen Ton mithilfe des Stimmapparates wiederzugeben. Man unterscheidet im Allgemeinen zwei Arten von musikalischen Gehören: das „relative“ und das „absolute“. Die meisten Menschen haben ein relatives Gehör; sie können rhythmisierte Tonfolgen von Intervallen im melodischen Zusammenhang erkennen, aufnehmen und wiedergeben, doch ist die Wahl der Tonart dabei meist willkürlich. Ein jedes Kind kennt den Klang des Martinshorns, oder auch Folgetonhorns, der Feuerwehr. Dies ist wohl das erste Intervall, welches sich ein Kind einprägt. Die Tonabfolge des Martinshorns entspricht einer Quarte, so können Kinder dieses Intervall aufnehmen und wiedergeben, auch wenn sie nicht wissen, dass es einer Quarte entspricht - allerdings kann die Tonhöhe, in der dieses Intervall reproduziert wird, von Kind zu Kind variieren. Im Gegensatz zum relativen, wird das absolute Hören nochmals unterteilt in passiv und aktiv. Dem passiven absoluten Hörer ist es möglich die Höhe eines beliebigen gehörten Tones ohne Hilfsmittel genau zu bestimmen und somit in ein Tonsystem einzuordnen, währenddessen man mit einem aktiven absoluten Gehör zusätzlich diesen Ton, im Rahmen des eigenen Singumfangs, wiedergeben kann.

Obwohl von Geburt an fast jeder Mensch die Fähigkeit besitzt ein absolutes Gehör zu entwickeln, verlieren viele Menschen diese Fähigkeit im Laufe ihres Lebens, durch fehlende Übung. Dennoch kann man auch als relativer Hörer trainieren verschiedene Töne zu memorieren, z.B. mit Hilfe einer Stimmgabel. Dieses Memorieren von Tönen ist der Grund, warum das musikalische Hören auch als „musikalisches Gedächtnis“ bezeichnet wird. Durch entsprechende Übungen, wie das Nachsingen vorgespielter Intervalle oder das „Vom-Blatt-Singen“, prägt sich mit der Zeit ein welche Frequenzen den entsprechenden Tönen zuzuordnen sind. Diese Sensibilisierung ist vor allem im Kindesalter ratsam, z.B. durch das Spielen eines Instruments oder „Gute-Nacht-Lieder-singen“ zu Hause (immer in derselben Tonart). Durch diese Automatisierung/ Konditionierung im Gehirn und das Memorieren der Töne bilden sich neue Nervenverbindungen, die die Aufmerksamkeit eines Kindes, sowie auch sein Auffassungsvermögen und allgemein das Gedächtnis verbessern können. In Folge dessen ist es nicht nur für einen Sänger wichtig und ratsam ein musikalisches Gehör zu entwickeln, sondern für alle Jugendlichen, da es ebenfalls das Bewusstsein für die eigenen Umwelt und die soziale Kompetenz steigert.

Ein Musiker ist in jedem Fall von einem guten Gehör abhängig, so braucht er es um sich Liedmelodien, Rhythmus, Phrasierungen und Text besser einzuprägen und effektiver zu lernen, denn stures „Auswendig-lernen“ kann die Stimme stark schädigen. Das musikalische Gehör ist auch für die eigentliche Tongebung und die Gestaltung wichtig, da sich simultan auch ein Klangerinnerungsvermögen entwickelt, welches bis ins hohe Alter erhalten bleibt. Schließlich bedeutet die Entwicklung des musikalischen Gehörs ebenfalls das Ausbleiben von psychischen Hemmungen, sowohl bei Auftritten, als auch im Alltag.