Gegenübertragung in der Therapie

Fach Fach

Klasse 10

Autor Traumfängerin

Veröffentlicht am 02.03.2018

Schlagwörter

Therapie

Zusammenfassung

Gegenübertragung in der Therapie - was versteht man darunter, was ist es, wie kommt sie zu stande, wie ist diese zu interpretieren, wie erkennt man sie und kann sich im therapeutischen Prozess davor schützen

Einführung

Freud führte den Begriff der Gegenübertragung sozusagen als Analogie zur Übertragung ein.
Unter Gegenübertragung versteht man allgemein die Gesamtheit der unbewussten Gefühlsreaktionen des Analytikers auf den Analysanden (insbesondere auf dessen Übertragungen). Sie soll helfen, die Übertragungsreaktionen des Analysanden besser zu verstehen, innere Abläufe des Klienten sollen nachvollziehbarer werden. Der Patient überträgt auf den Therapeuten die frühen Erfahrungen, aber auch dieser reagiert darauf: eigene Probleme werden angesprochen, es kommt zu Übertragung seitens des Therapeuten - der Gegenübertragung. Diese findet unbewusst statt, äußert sich in Handlungen oder Gefühlen.
Freud war der Ansicht, dass Gegenübertragung überwunden werden muss, erst in den 50er Jahren wurde ihre Existenz zum Thema gemacht.

Das Erleben der Gegenübertragung seitens des Therapeuten ist differentialdiagnostisch sehr hilfreich. Angenommen, ein personales Übertragungsangebot vom Patienten liegt vor, antwortet der Therapeut mir szenischen Bildern, der Beziehung werden genau definierte Konturen gegeben durch Handlungen und als objektgerichtet erlebte Gefühle.
Gegenübertragung ist also nicht nur bloße Antwort des Therapeuten sondern auch reaktiv. Denn verständlicherweise bringt auch ein Analytiker seine eigene Geschichte mit. Zu erkennen ist dies beispielsweise bei einem großen Altersunterschied zwischen Patienten und Analytiker, wo Eltern- oder Kindesübertragungen nicht selten vorzufinden sind.
Man spricht weiters von einem Verschmelzen von Gegenwart und Vergangenheit, innen und außen, Phantasie und Realität werden miteinander vermengt. Um seinen Patienten besser verstehen zu können, spielt Identifikation eine große Rolle, auf diesen Punkt wird im nachstehenden Kapitel 3.2 (Grundbegriffe) genauer eingegangen.

Wird die Gegenübertragung allerdings verdrängt, kommt es zwingend zu Auslassungen in der Übertragungsanalyse. In Folge dessen verdrängt auch der Analysand, wenn er selbst Analytiker geworden ist, die Gegenübertragung und dies wird ebenso weitergegeben wie beispielsweise Idealisierungen der Elternimagines und setzt sich immer weiter fort.
Für den Therapeuten ist es sehr wichtig, sich der eigenen Gegenübertragung bewusst zu sein, denn sie darf nicht die Deutung beeinflussen. Ganz auszuschalten wird allerdings nie funktionieren, da man nicht von eindimensionalen Kausalitäten ausgehen darf, sondern zwischen den Patient und Therapeut interagierende Prozesse ablaufen, die sich immer wieder aufs Neue gegenseitig beeinflussen.

Er ist Teil der Interaktion und vom Erstgespräch an fließen auch viele Faktoren seitens des Therapeuten mit in die Beziehung ein, was in seiner individuellen Haltung resultiert, aufgrund erworbener Problemlösemuster, eigene Erfahrungen , die individuelle Lebensgeschichte, Lernerfahrungen und vieles mehr.

Weiters ist zu berücksichtigen, dass die emotionalen Empfindungen dem Patienten sowie dessen psychischer Realität oftmals näher kommt als es eine bewusste Beurteilung der Situation könnte. Gegenübertragung bietet dem Analytiker also ein gutes Werkzeug zu besserem Verständnis des Analysanden. Durch das Analysieren der Gegenübertragung wird dem Patienten die Erfahrung des eigenen Ich ermöglicht, was ihre Wichtigkeit ausdrückt.

Grundbegriffe und Gefahren der Gegenübertragung

Im letzten Abschnitt möchte ich abschließend noch auf die bereits früher erwähnten Begriffe (s. Abschnitt 3.1) der konkordanten beziehungsweise komplementären Identifikation näher eingehen, da diese eine zentrale Rolle in diesem Kontext spielen sowie mich kurz den Gefahren der Gegenübertragung, welche Freud angeführt hat, widmen.

Konkordante Identifikation

Hier geht es darum, dass der Therapeut sich mit dem Patienten identifiziert.
So wird ihm beispielsweise geschildert, wie der Klient immer vom mächtigen, ausbrausenden Vater beschimpft und geschlagen wurde und die daraus resultierende Angst wird berichtet. Im Zuge der konkordanten Identifizierung empfindet der Therapeut die Angst und Furcht des Patienten, empfindet also wie der Analysand.
Konkordante Gegenübertragung wird umso komplizierter und schwieriger, je konfliktbeladener die Beziehungen der einzelnen Persönlichkeitsanteile des zu Analysierenden sind.

Komplementäre Identifikation

Darunter versteht man das Identifizieren des Analytikers mit dem innern Objekt des Klienten. Dazu kommt es, da er wie jenes behandelt wird und daher die Emotionen nachvollziehen kann, die zustande kommen. Der Therapeut fühlt sich wie das innere Objekt behandelt und reagiert darauf auch so.

Um dies anhand des oben angeführten Beispiels zu verdeutlichen:
Im Gegensatz zur konkordanten Identifizierung, wo die Angst des Patienten nachempfunden wird, fühlt der Therapeut sich im Falle der komplementären Gegenübertragung wie der mächtige, einschüchternde, furchterregende Vater des Klienten.
Freud war außerdem der Überzeugung, dass es -ebenso wie bei der Übertragung - auch im Kontext der Gegenübertragung auch bedenkliche Formen gibt. Hier nannte er wiederum die negative und sexuelle Form der Gegenübertragung.
Weiters war er der Ansicht, dass die drei Faktoren, die bei der Übertragung eine entscheidende Rolle spielen - nämlich der Impuls, Kindheitserfahrungen zu wiederholen, libidinöses Bedürfnis sowie der Widerstand - dies auch bei der Gegenübertragung tun.

Jede Übertragung führt zu Gegenübertragung, ein Vorgang, der zwar unterdrückt oder abgewehrt werden, aber nicht vermieden werden kann. Dieses Blockieren sollte allerdings nicht stattfinden, da der Prozess des umfassenden Verstehens erheblich erschwert und sogar gestört werden kann.

Abschließend möchte ich noch auf das Talion- Gesetz eingehen, das besagt, dass jede positive Übertragung auch eine positive Gegenübertragung hervorruft und umgekehrt jede negative Übertragung mit negativer Gegenübertragung beantwortet
Wird - eine Tatsache, die der Therapeut nie aus den Augen verlieren darf, derer er sich immer bewusst sein muss, um ihn davor zu bewahre, “in Gegenübertragung zu ertrinken” .

Quellennachweis

Freud, Sigmund: Zur Dynamik der Übertragung. Behandlungstechnische Schriften. Fischer Taschenbuchverlag. Frankfurt am Main, 2002.

Racker, Heinrich: Übertragung und Gegenübertragung. Studien zur psychoanalytischen Technik, 6. Auflage. München, Basel: E. Reinhardt, 2002.

Sandler Anne-Marie, Segal, Hanna; Sohn, Leslie; Fornari-Spoto, Gigliola : Formen der Übertragung, facultas Verlag Wien, 2004.