Problempatienten in der Psychotherapie

Fach Fach

Klasse 12

Autor Traumfängerin

Veröffentlicht am 02.03.2018

Schlagwörter

Therapie

Zusammenfassung

Probempatienten in der PSychotherapie - welche Arten davon gibt es, wie wirken sie auf die Gruppe, wie kommt die Dynamik zu stande, wie geht der Therapeut gut damit um, was ist zu bedenken, was zu vermeiden.

1. Typen der Problempatienten

Die American Group Psychotherapy Association verschickte an praktizierende Psychotherapeuten Fragebögen, in welchen sie Angaben über Probleme ihres Berufes, mit denen sie nicht zurecht kommen, tätigen sollten. Das Problem, das über 50 % der befragten Therapeuten angaben, war die Arbeit mit den sogenannten Problempatienten. Aufgrund dessen wurden klinische Bilder erstellt, die diese Problempatienten kennzeichnen sollten und es wurden Ratschläge zu besserem therapeutischen Umgang mit ebendiesen erteilt, eine Art Leitfaden für den praktizierenden Gruppenleiter.
Diese Problempatienten sind neben den charakterlogisch schwierigen Patienten, welche ich in meiner Arbeit nicht behandeln werde, da mit diesen Fällen fast immer eine entsprechende Persönlichkeitsstörung einhergeht, der Alleinunterhalter, der jede Hilfe ablehnende Jammerer, der psychotische, der langweilige sowie der schweigende Patient.

2.1 Der Alleinunterhalter

Der Alleinunterhalter scheint gewohnheitsmäßig die gesamte Zeit über reden zu wollen. Er lässt andere kaum zu Wort kommen und wenn er doch einmal nicht redet, versucht er mit allen Mitteln, das Wort wieder an sich zu reißen. Wenn sie schweigen, haben diese Patienten Angst. Sie können keine Stille, keine Gesprächspausen ertragen, sei sie noch so kurz. Immer fällt ihnen noch etwas ein, das sie der Gruppe mitteilen müssen, auch wenn es nicht oder fast nicht zum eigentlichen Thema der Sitzung passt. Wenn jemand eine Wortmeldung äußert, wird diese vom Alleinunterhalter sofort kommentiert und Vergleiche gezogen, die auf die eigene Person hinweisen. “Ja, das ist bei mir ebenso!” oder “Das kenne ich gut von mir selbst!” sind oft getätigte Sätze des Alleinunterhalters, um wieder alle Aufmerksamkeit zu bekommen.

Viele beharren auch darauf, die Rolle eines Fragestellers zu übernehmen, wieder andere bestehen darauf, dass sie Erlebtes in allen Details wiedergeben und somit die ganze Gruppe als Zuhörer haben. Sie geben Gespräche wieder, übernehmen dabei alle darin vorkommenden Rollen, sie berichten von erlebten Dingen, berichten, was sie in Zeitungen gelesen, in den Nachrichten gesehen oder im Radio gehört haben - alles ausschweifend und sehr umständlich, sodass andere Patienten oft das Gefühl haben, ihre Probleme seien unwichtig oder geringfügig gegenüber den Schilderungen, die der Alleinunterhalter liefert. Es kann auch passieren, dass andere Gruppenmitglieder von solch einem Patienten eingeschüchtert werden und sich im weiteren Verlauf der Gruppentherapie zurückhalten.

1.1.1 Wirkung auf die Gruppe

In der ersten Sitzung können die Gruppenmitglieder noch froh sein, wenn sie einen solchen Alleinunterhalter in ihrer Mitte haben. Doch später wird dieses Gefühl bald umschlagen, Wut und auch Frustration können die Folgen sein.
Meist erhoffen die übrigen Mitglieder, dass der Alleinunterhalter selbst zu der Erkenntnis kommt, dass er zu viel redet und dann die anderen auffordert, sich zu äußern, da sie selbst nicht den Mut aufbringen, ein anderes Gruppenmitglied zum Schweigen zu bringen und sich so selbst zum Mittelpunkt der Sitzung machen.

Bei vielen bleibt dieser Frust oder der Ärger lange unterdrückt, was auf lange Sicht zu ungelösten Spannungen innerhalb der betroffenen Gruppe führt.

Ein weiterer Punkt ist, dass viele der übrigen Patienten sich nicht alleine gegen einen Alleinredner wehren wollen oder können und sich mit anderen Klienten gegen ihn verbünden, was ebenfalls zu ungelösten Spannungen führt. Dies kann sich beispielweise in feindlichen Anspielungen und indirekten , negativen Äußerungen
niederschlagen.

Ungelöste Spannungen können sich aber auch in Nichterscheinen, am Thema vorbeigehenden Streiterein, unproduktiven Gruppensitzungen oder der Bildung von kleinen Gruppen innerhalb der gesamten Gruppe niederschlagen, in manchen Fällen kann es sogar zu vorzeitigem Abbruch der Therapie kommen.

Die Gruppe sollte dem Alleinredner sein Verhalten allerdings nicht in brutaler und explosiver Weise vortragen, da dieser dann oft trotzig reagiert oder die Gruppe ganz verlässt, womit bei keinem ein therapeutisches Ziel erreicht werden konnte.

1.2 Der schweigende Patient

Bei dem schweigenden Patienten handelt es sich um das Gegenteil des bereits genannten Alleinunterhalters. Für einen Therapeuten ist es aber nicht solch eine große Gruppengefahr, einen schweigenden Patienten in der Gruppe zu haben, wie wenn er einem Alleinunterhalter gegenübersteht.

Kliniker sind sich darüber nach zahlreichen Studien einig, dass ein Patient, der während der Sitzungen nichts von sich preis gibt, nichts zur Stunde beiträgt, nicht wirklich von der Therapie profitieren wird. So hat man festgestellt, je mehr sich die Patienten selbst in die Therapie einbringen, zum Beispiel durch Wortmeldungen, desto mehr Veränderung findet statt. Dies erklärt auch die Annahmen, dass ein schweigender Patient keinen Nutzen aus den Gruppentreffen ziehen wird. Er ist sozusagen bloß ein beobachtendes Mitglied.

Natürlich sucht man nach Gründe, weshalb manche Gruppenmitglieder nicht sprechen wollen. Hier wäre eventuelle Angst vor Bloßstellung oder vor Selbstoffenbarung zu nennen. Andere können zum Beispiel Probleme mit dem Thema der Aggression haben und scheuen sich vor Konflikten und davor, sich verbal gegen eine Gruppe durchsetzen zu müssen. Es gibt auch Patienten, die sich nur in kleinen oder führerlosen Gruppen an der Sitzung beteiligen, nur dort ihre Scheu zu sprechen ablegen können.

Wichtig festzuhalten ist auf jeden Fall, dass Schweigen nie ausdruckslos ist. Es will genau wie gesprochene Wort oder Verhaltensweisen etwas ausdrücken oder auf etwas hinweisen. Ziel des Therapeuten besteht dabei nicht nur in dem Ändern des Verhaltens - eine Änderung, die geschehen muss wenn der Patient in der Gruppe bleiben soll - sondern er sollte auch daran arbeiten, dass dem Patienten seine Verhaltensweisen bewusst werden und gemeinsam können sie daran arbeiten, das zu bewältigende Problem zu lösen. Der Gruppenleiter muss jedoch einen geeigneten Weg finden, denn man sollte den Betroffenen nicht drängen, endlich zu reden aber das Schweigen auch nicht zu starr werden lassen, sodass er in die Rolle der völligen Isolation gebracht wird.

Der schweigende Patient soll im Laufe der Zeit zu einem aktiven Gruppenmitglied werden, der nicht mehr als Beobachter am Rand der Gruppe steht.

1.3 Der jede Hilfe ablehnende “Jammerer”

J. Frank identifizierte im Jahr 1952 den Typus des jeden Hilfe ablehnenden Jammerers. Seitdem findet man diese Bezeichnung oft in psychiatrischen Büchern und viele Therapeuten erkennen die Symptomatik bei Patienten ihrer Gruppe. Die von mir dargestellte Form der sehr stark manifestierten Jammerers ist kein klinisches Bild. Es muss nicht immer dieses extreme Form vorliegen, manchmal handelt es sich um eine abgeschwächte Form oder eine vorübergehende Phase des ablehnenden Jammerers.

In der Gruppe wird vom Betroffenen ständig Hilfe gefordert, hierzu werden Klagen vorgebracht und Hilfestellung von den anderen Gruppenmitgliedern gewünscht, die dann jedoch kategorisch abgelehnt wird. Der Jammerer ist davon überzeugt, dass all seine Probleme unlösbar sind und er scheint auf diese Tatsachen geradezu stolz zu sein. Immer will er Hilfe bekommen, die er nicht annehmen will. Dies kann in offener Ablehnung eines Rats, aber auch darin passieren, dass Vorschläge verbal angenommen und nie befolgt werden, Ratschläge ignoriert oder so ausgeführt werden, dass sie zu keiner Lösung des Problems führen.

Konkurrenzverhalten seitens des Jammerers gibt es keines, nur dann, wenn ein anderer Patient Hilfestellung sucht und somit die Aufmerksamkeit von ihm weglenkt.

Getrieben wird der Jammerer von dem Bedürfnis nach Hilfe, auch wenn es allen anderen schon lächerlich erscheint. Dafür neigt er zu Übertreibungen und Schuldzuweisungen an Personen aus seinem Umfeld - meist wird die Schuld auf Autoritäten geschoben, von denen der Jammerer allerdings in der Realität abhängig ist.

1.3.1 Wirkung auf die Gruppe

Andere Gruppenmitglieder sind meistens gereizt und gelangweilt, im späteren Verlauf auch verwirrt und frustriert aufgrund des Typ des Jammerers, der jegliche Hilfe ablehnt. Der gesamte Gruppenprozess leidet darunter, es werden oftmals Untergruppen gebildet, es kommt zu Fernbleiben der Treffen und mangelnder Gruppenkohäsion.

1.3.2 Dynamik

Die Verhaltensweisen des Jammerers scheinen ein Versuch zu sein, dass die konfliktbeladene Gefühle der Abhängigkeit aufgelöst werden.

Der Patient ist geprägt von Hilflosigkeit und Abhängigkeit, die er allerdings verabscheut. Er sieht sich selbst als wertlos und unbedeutend an und ist sehr misstrauisch. Obwohl er immer um Hilfe bittet, geht er von Anfang an davon aus, dass andere seine Probleme abwerten, uninteressant finden und ihm sowieso nicht helfen können. Da er die Hilfestellung - egal, wie gut sie ist - kategorisch ablehnen wird, erfüllt sich diese Vorhersage, somit wird der Jammerer in seinen Annahmen wieder bestätigt.

Ein Teufelskreis, mit dem ein Jammerer oft ein Leben lang zu kämpfen hat.

Ein Teufelskreis, der sich auch in der Therapie genauso verhält wie im wahren Leben: Der Patient sucht in der Sitzung Hilfe, geht allerdings von vornherein davon aus, dass er keine Besserung erzielen wird, lehnt Vorschläge der übrigen Gruppenmitglieder sowie dem Therapeuten - seiner neuen Autoritätsperson - selbstverständlich ab und findet darin Bestätigung, dass auch hier ihm niemand helfen kann.

Er entwickelt zum Therapeuten eine gewisse Abhängigkeit, die- wenn er von diesem beachtet wird- einen Aufschub für sein Selbstwertgefühl bedeutet, allerdings wehrt er sich gegen diese Form von Abhängigkeit.

1.3.3 Behandlung

Ein akuter Jammerer ist ein schwerer klinischer Fall für einen Therapeuten. Einen allgemein gültigen Plan für einer erfolgreiche Therapie kann man natürlich nicht geben. Wichtig für den Therapeuten ist es, dass er gegenüber dem Patienten keinen Frust oder Wut entwickelt, weil dieser dessen Ratschläge immer wieder aufs Neue zurückgewiesen werden. Denn Vergeltung würde nur den bereits oben beschriebenen Teufelskreis weiterhin aufrecht erhalten, indem man den Patienten zurückweist, was dieser ja schon längst erwartet hat, weil er extrem misstrauisch ist.

In der Literatur wird davon abgeraten, dass man dem Jammerer mit Mitleid begegnet. Es heißt, dass Optimismus, Ermutigung und Rat vermieden werden sollen, sondern man sich eine ironische Haltung aneignen soll, mit der man dem Patienten begegnen kann. Das hieße, der Gruppenleiter stimmt dem Pessimismus des Jammerers zu, wahrt dabei jedoch die nötige emotionale Distanz zu ihm.