Sprachübergreifende Wortsegmentierung bei 9-Monate alten Kindern

Fach Fach

Klasse 13

Autor Melodia

Veröffentlicht am 28.03.2018

Schlagwörter

Spracherwerb Wortsegmentierung Sprache Linguistik

Zusammenfassung

In diesem Referat wird erklärt, wie man sprachliche Testungen mit Kindern durchführt, die noch nicht in der Lage sind sich selbst zu artikulieren. Explizit wird hier die Frage beantwortet, ob 9-Monate alte Kinder in einer fremden Sprache, also nicht ihrer Muttersprache, nach bekannten Wörtern suchen oder sogar Wörter in diesem nicht-idealen Sprach-Input finden und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Auch wird hierbei ein Schluss gezogen über den allgemeinen Spracherwerb bei Kindern und warum gerade im Kindesalter der Erwerb von Zweit- oder Drittsprache besonders leicht zu erlernen ist.

In verschiedenen Studien wurde überprüft, ob 9-Monate alte Kinder auch sprachübergreifend Worte segmentieren können.

Dabei ist allgemein zu sagen, dass Kinder schon im 1. Lebensjahr lernen phonetische Kontraste, die relevant für ihre Muttersprache sind, zu unterscheiden. Außerdem können sie solche Kontraste, die keine Bedeutung in ihrer Muttersprache haben, ignorieren und ausblenden. Kinder sind in ihrem ersten Lebensjahr sehr beschäftigt mit dem Spracherwerb und haben nach dieser Zeit den Grundstein für den Wortschatzerwerb und die Sprachproduktion gelegt.

Da so junge Kinder sich noch nicht sprachlich artikulieren und mitteilen können, wurden Experimente mit einem „auditiven Kopfbewegungs-Präferenz-Test“ durchgeführt. Hierbei sitzt das Kind in der Mitte eines Raums, rechts und links von ihm rote Lichter, mit je einem versteckten Lautsprecher. Außerdem befindet sich ein grünes Licht direkt vor dem Kind. Zunächst wird das grüne Licht angeschaltet, damit der Kopf des Kindes zentral ist.

Danach wird erst ein rotes Licht angeschaltet, um die Aufmerksamkeit des Kindes darauf zu ziehen. Daraufhin erklingt auf dieser Seite eine Sprachprobe. Danach leuchtet das rote Licht auf der anderen Seite und es erklingt ebenfalls eine Sprachprobe. Bei der Testung werden dem Kind aus beiden Lautsprechern Sprachproben dargeboten und je nachdem wie lange das Kind den Kopf in die jeweilige Richtung dreht, desto länger schenkt es der jeweiligen Sprachausgabe Aufmerksamkeit.

Dabei ließ sich feststellen, dass Kinder ihrer eigenen Muttersprache länger zuhören, als einer anderen Sprache. Auch hören Kinder länger Wörtern zu, die typisch für ihre eigene Sprache sind. Kinder müssen, um ihren Wortschatz zu erweitern, Wörter aus der fließend gesprochenen Sprache segmentieren. Deshalb müssen Kinder die Fähigkeit erwerben individuelle Wörter aus längeren Äußerungen zu extrahieren. Diese Experimente können auch mit einer einführenden „Gewöhnungs-Phase“ eingeleitet werden, denn es ist allgemein bekannt, dass es Kindern leichter fällt bekannte Wörter in der fließend gesprochenen Sprache zu ermitteln. Die meisten relevanten Studien zur Wortsegmentierung bei Kindern werden in englischer Sprache durchgeführt.

Die meisten englischen Wörter haben eine betonte Silbe zu Beginn, weshalb englische Kinder gerne solche Wörter mit betonter, erster Silbe hören, da sie typisch für das Englische sind. Auch das Niederländische weist viele Wörter mit betonter, erster Silbe auf. Außerdem sind die Silbenbetonung und die rhythmische Wortstruktur wichtig für die Segmentation von bekannten Wörtern aus der gesprochenen Sprache.

Herauszufinden gilt es nun, ob diese Segmentation aus der gesprochenen Sprache von der Muttersprache abhängig ist oder ob es auch in anderen Sprachen möglich ist. Können Kinder, wenn ihnen eine fremde Sprache offeriert wird, in der Lage sein Interesse für diese Sprache zu entwickeln, wenn sie bekannte Wörter enthält? Würde man nun monolingual aufwachsende, Englisch sprechende Kinder mit ebenfalls einsprachig aufwachsenden, niederländischen Kindern mit einem auditiven Kopfbewegungs-Präferenz-Tests testen, würden die Englisch sprechenden Kinder überhaupt in der niederländischen Sprachdarbietung nach bekannten Wörtern suchen oder sogar Wörter in diesem nicht-idealen Sprach-Input finden?

Das Ergebnis vieler Studien war, dass die englischen Kinder länger auf die Passagen hörten, die die bekannten Wörter enthielten- ähnlich verhält es sich mit den niederländischen Kindern. Beide Sprachgruppen schenken den Passagen mit bekannten Wörtern länger Aufmerksamkeit und dies auch im gleichen Maß. Dies deutet darauf hin, dass auch englische Kinder Wörter aus einer, ihnen fremden, Sprache segmentieren und extrahieren können. Auch die niederländischen Kinder können im gleichen Maß die Wörter ihrer Muttersprache aus dem Sprachkontext extrahieren.

Allgemein lässt sich als Resultat sagen, dass die Wortsegmentierung aus fließend gesprochener Sprache unabhängig von der phonetischen Struktur der Wörter ist. Auch trotz phonetischer Abweichungen, die im Englischen nicht auftreten, können dennoch die englischen Kinder diese Wörter segmentieren.

9-Monate alte Kinder verfügen schon über eine Muttersprache, auch wenn sie diese noch nicht Sprechen, so können sie sie dennoch hören. Das native Hören zeichnet sich durch ihre Sensibilität gegenüber rhythmischen Strukturen aus, weshalb es auch für die englischen Kinder möglich ist die bekannten, niederländischen Wörter aus dem Kontext heraus zu hören.

Im Gegensatz dazu ist es bekannt, dass rhythmischen Strukturen von Wörtern, die von der eigenen Muttersprache abweichen, schwer zu extrahieren sind. (Beispielsweise die Strukturen des Japanischen für Englisch sprechende Kinder). Daraus lässt sich schließen, dass Kinder auch Strategien, die sie für ihre Muttersprache entwickeln, erwerben, um Wörter mit gleicher rhythmischer Struktur aus dem Kontext, auch in anderen Sprachen, zu segmentieren.

Abschließend lässt sich auf dieser Grundlage sagen, dass Wortsegmentierung nicht an die eigene Muttersprache gebunden ist, sondern eher als universelle Fähigkeit einzuordnen ist. Auch zeigt es, dass Kind-gerichtete Sprache den Wortschatzerwerb unterstützt, da die Kinder die isoliert gehörten Wörter auch im Kontext wieder erkennen können.

Somit können diese (das erste Mal) isoliert gehörten Wörter schneller erworben werden und auch selbst im Kontext später verwendet werden. Ebenfalls macht die Annahme, dass die Wortsegmentierfähigkeit universell ist klar, dass es im Kindesalter leichter ist eine zweite oder dritte Sprache zu lernen. Vorteilhaft dabei wären vor allem Sprachen, die die gleiche rhythmische Struktur aufweisen. Hinzu kommt, dass kleine Kinder auch, für ihre Muttersprache untypische, phonologische Strukturen erkennen. Diese Fähigkeit geht auch nicht verloren.

Die phonologischen Eigenschaften und Übersetzungswahrscheinlichkeiten, welche sich im Englischen und Niederländischen unterscheiden, können den Kindern, wenn sie älter als 9 Monate sind, helfen neue Wörter zu finden.