Therapie bei Alkoholsucht

Fach Fach

Klasse 12

Autor Traumfängerin

Veröffentlicht am 28.02.2018

Schlagwörter

Alkohol Psychologie

Zusammenfassung

Therapie, Diagnostik, Definition von Alkoholsucht, wie erkennt man Alkoholmissbrauch, Therapie, Therapiemotivation, Therapieprogramme, wie misst man den Erfolg der Therapie. Offizielle ICD 10 Kriterien, Zahlen und Fakten aus Deutschland und Österreich

Alkoholismus

3 Schritte in der Therapie

  1. Motivation
    Der Patient muss sein Problem loswerden wollen, was am besten gelingt, wenn er Ziele hat, die durch Alkohol verhindert oder behindert werden
  2. Wissen
    Der Patient braucht Störungswissen und Veränderungswissen, das ihn zum Experten seiner Krankheit macht.
  3. Handlung
    Der Patient braucht klare Handlungsanweisungen für den Umgang mit Alkohol. Diese sollten automatisiert werden.

Sucht in Ö: 72% 330.000 Alkoholabhängige -> lebenslang abstinent; 4% 20.000 Drogenabhängigkeit; 24% 110.000 Medikamentenabhängige
Alkoholismus in Ö: 730.000 von 8. Millionen Ew. – 55% 400.000 Alk.missbrauch; 45% 330.000 alk.abhängig

Fakten: 1961 als jurist. Krankheit anerkannt in Ö; 1968 in D – seitdem Alk.kranke Rechtsanspruch auf Behandlungsmaßnahmen
• Pro-Kopf-Verbrauch reiner Alkohol/Jahr 9,8 Liter -> Ö an 11. Stelle weltweit
• 42 €/ Monat/ Österreicher für alle Getränke
• 8% aller Männer, 2% aller Frauen über 16. Lj. abhängig
• Alk.missbrauch und Alk.abhängigkeit zusammen 18% der Bevölkerung über 16 Jahre
• Wie viele Angehörige und Arbeitskollegen mitbestraft
• Lebenserwartung um ~15 Jahre verkürzt
• Suizidrate bei Alkoholkranken im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung erhöht

Persönlichkeit

Gebrauch
Missbrauch
Abhängigkeit

Droge Umwelt

Multifaktorielles Modell der Abhängigkeit
Bei der Alkoholabhängigkeit spielen viele Faktoren zusammen. Dazu gehören:

  • Persönlichkeit, Veranlagung, Entwicklung
  • Gebrauch, Missbrauch, Abhängigkeit (seelische/körperliche)
  • Droge, Wirkung, Angebot
  • Umwelt, Sozialfeld, Gesellschaft

Gebrauch:
• wenn Alkohol mäßig und unregelmäßig getrunken wird
• Geschmackskomponente im Vordergrund
• 16g Alkohol/Tag (Frauen) – 24g Alkohol/Tag (Männer
• 60,3% der 16-69 jährigen Österreicher liegen unter der Grenze

Gefährdungsgrenze: jede Menge, aber der längerfristig Schädigung
• 40g/Tag (Frauen) – 60g/Tag (Männer)
• 18,3% der 16.69 jährigen Ö darüber (Frauen 8,5%; Männer 28,7%)
(20g: 1/4 l Wein, 1 doppelter Schnaps, 1 Krügerl Bier)
Missbrauch:
o qualitativ: wenn die Wirkung im Vordergrund steht
o quantitativ: gewohnheitsmäßiges und regelmäßiges Konsumieren von Alkohol

ICD 10 – Kriterien: wenn in letzten 3 Jahre 1-mehrere Kriterien zutreffen:

  1. starker Wunsch nach Konsum
  2. Verminderte Kontrollfähigkeit über Beginn, Beendigung und Menge des Alkoholkonsums
  3. Ziel: Entzugssymptome zu mildern und entsprechend positive Erfolge
  4. körperliches Entzugssyndrom
  5. Nachweis der Toleranz
  6. eingeengtes Verhaltensmuster
  7. Fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen/Interessen
  8. Anhaltender Konsum, trotz Nachweis schädlicher Wirkungen

CAGE-Test: Cut down Annoyed Guilty Eye opener

  1. Haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt Ihren Alkoholkonsum einschränken zu müssen?
  2. Haben Sie sich schon einmal geärgert, als Sie auf Ihren Alkoholkonsum angesprochen wurden?
  3. Haben Sie sich schon mal wegen Ihres Alkoholkonsums schuldig gefühlt und heimlich getrunken?
  4. Trinken Sie Alkohol frühmorgens, um einen „Kater“ loszuwerden/Ihre Nerven zu beruhigen?

Auswertung:
1 pos. Antwort: 23% WKT – 2 pos. A.: 59% WKT – 3 pos. A.: 81% WKT – 4 pos. A.: 97% WKT

Abhängigkeit von Alkohol: „Ohne Alkohol geht es nicht mehr, aber mit auch nicht mehr!“
Achtung!: Fähigkeit einige Tage – Wochen keinen Alkohol zu trinken, macht noch keine Diagnose aus; nur: Umstand, was passiert, wenn man konsumiert!

Faustregel: wenn von 30 Trinktagen mehr als 50% als selbstschädigendes Trinken einzustufen sind

Man unterscheidet 5 Typen von Trinkern:

  1. Konflikttrinker; Trinken bei Frustration, Stress…. nicht
  2. Gelegenheitstrinker; soziale Gründe, Feiern, Kollegen gefährdet!
  3. Rauschtrinker; innerer Zwang; gelegentlich kurze Abstinenz, körperlich nicht stark geschädigt
  4. Spiegeltrinker; Gewohnheitstrinker, überhöhter Alkoholkonsum um unauffällig zu bleiben
  5. Quartaltrinker/episodische Trinker; lange Pausen ohne Alkohol, aber dann plötzliche Anfälle wo Betroffene 4-5 Tage nur saufen! Zum Ausgleich werden sie oft mit Antidepressiva behandelt.

Physische Abstinenzerscheinungen:
Zittern, Schweißausbruch, Schlafstörungen, Schwindel, Appetitlosigkeit, morgendliches Erbrechen…

Psychische Abstinenzerscheinungen:
Unruhe, Angst, Spannungszustände, Gereiztheit, Unlust, Unsicherheit…

Wie entsteht Alkoholabhängigkeit?
Veranlagung: Risikokinder, für die es nach Frank (2002) typ. Kennzeichen gibt: junge Leute, die…

  • mehr Alkohol als andere vertragen und weniger Wirkung spüren
  • am nächsten Tag kaum einen Kater haben
  • einen Kater erfolgreich mit Alkohol bekämpfen
  • damit angeben, Alkohol zu vertragen
  • sich nur mit Alkohol alles zutrauen
  • glauben, dass nur andere, aber nie sie selbst, alkoholkrank werden können
  • Probleme mit einem Drink lösen
  • „mit Alkohol ist alles rosiger“

Der biochemische Suchtmechanismus:

äußere Situation, Stimmung, Bedürfnis

Alkoholkonsum

Äthyl
starkes Verlangen

Tetra-Iso-
Chinoline(TIC’s)

  • weitere noch
    ungeklärte Stufen

Acetaldehyd

  • Dopamin
    Acetat
    neuer normaler
    abnormer Stoffwechsel Abbauprozess
    CO2+Wasser

Rückfalldynamik:
Frequenz = anfangs gering; Menge des Alkohols = gering; Im Laufe der Zeit wird Frequenz häufiger und Menge immer größer, zuletzt wieder so wie ursprünglich (wenn nicht noch ärger! – nach 3-6 Monaten)

Der Supermann Der Unzuverlässige Der Arme Der Versager Der Totalausfall
Alkoholwirkung für Anfällige besonders interessant! Alk rückt ins Interessenzentrum; Fam. Ermahnt; Probleme wegen trinken Probleme nehmen zu, am Arbeitsplatz wird über ihn geredet „Ohne Alkohol geht’s nicht mehr, mit aber auch nicht.“ Erniedrigung für Alkohol

Vergleich VHT von Phobie und Alkoholabhängigkeit:
Therapiemerkmal Phobien Alkoholabhängigkeit
zeitliche Entwicklungsgeschichte der Symptomatik kurz vor Beginn belastend oft 10-15 Jahre lange Entwicklung, in der Alkohol als Gewinn erlebt
Therapieziel Angst (Problemverhalten) loswerden Folgen beseitigen, nicht trinken loswerden!
Erfolgserwartung groß; nach 10 h zeichnen sich erste Erfolge ab gering, Patient kann sich nicht vorstellen, nie wieder zu trinken

Mitarbeit bei Psychotherapie gut -> Patient und Therapeut haben gleiches Ziel zunächst sehr schlecht aufgrund divergierender Therapieziele
Art der Zielerreichung kleine Schritte -> Motivation totale Abstinenz muss sofort erreicht werden
Rückfall normale Ereignis; kommt auf dem Weg zum Ziel vor muss wegen drastischer Folgen vermieden werden
Reaktion der Umwelt auf Therapieziel Verhaltensspielraum wird größer; pos. VST Abstinenz wird oft sozial bestraft; Trennung von Liebgewordenem

Arten der Motivation:
Therapiemotivation: Behandlungsmotivation,…
Teilnahmemotivation: Problem: viele Alkoholkranke brechen Therapie noch während Kontaktphase ab
Abstinenzmotivation: Bereitschaft, Alkoholkonsum ganz aufzugeben  Patient als Experte seiner Krankheit
Veränderungsmoivationt.: relevante Aspekte sein Verhalten in seiner Lebenswelt zu verändern

Drehtür-Modell zur Behandlungsmotivation
Stufe Patientenverhalten Handlungsmögl. d. Therapeuten

Vorabsicht (pre-contemplation) Trinkt heimlich, leugnet, bagatellisiert/ rationalisiert Alkoholproblem; keine Problemeinsicht, keine Änderungsmotivation Aufbau einer guten Beziehung, respektvoller Umgang, nicht moralisieren  trotzdem bewusst machen des Problems – Dissonanzbew. fördern

Absicht (contemplation) Therapiemotivation, Entw. des Problembew. so kann es nicht weitergehen, aber soz. Umfeld  Ablehnung; Entscheidungen =labil motivationsfördernde Maßnahmen, Diskussion von Veränderungsstrategien
Entscheidung (decision) erste Versuche zeitweise abstinent; „Trinksysteme“ – scheitert sucht ev. Hilfe Konkrete Hilfe geben, indem Behandlungskonzept genau erklärt wird (ev. Medikamente); Patient als Experte
Handlung (action) Patient bemüht sich; Selbsthilfegruppen, Therapeut, Arzt konsultiert; Abstinenz misslingt; Alkoholproblem steigt, Selbstwertgefühl sinkt, bereit für stationäre Behandlung Beratung/ Unterstützung für erste konkrete Schritte; Motivierung, Kenntnisse des Scheiterns miteinbeziehen

Erfolg halten (maintenance) Abstinenz schnell selbstverständlich; oft abstinent, glorifiziert aber gl.zeitig Alkohol; günstigster Fall: genießt Abstinenz und neues Leben; offen für umfassende Psychotherapie fokussiert auf Gewinn durch Abstinenz; Lob, euthyme Verfahren; Steigerung der soz. Kompetenz; Training der abstinenzfördernden Gedanken
Rückfall (relapse) Scham, Schuldgefühl; Ursache: auf Umwelt geschoben; Pseudo-Kontrolliertes-Trinken; Therapeut wird gemieden; kommt erst, wenn in sehr schlechtem Zustand Nicht Nach-Telefonieren; Coaching der Angehörigen; wenn er kommt: Lob für Neuanfang, rasches Einsetzen der Hilfe; direktives Vorgehen bei Erstkontakten, spätere Analyse des Rückfalls

Erst wenn Grenze erreicht, dann Therapie:
Somatische Grenzerlebnisse: chron. Übelkeit, Erschöpfung, Schlafstörung, Tumor…
Seelische G.: Ängste, Depression, Verzweiflung, Unruhe, Schuldgefühle…
Soziale G.: Verlust von Freunden, Wertschätzung der Familie, Ehescheidung, Verwarnung/Verlust des Arbeitsplatzes, Führerscheinverlust,…

3 Aspekte der Verhaltenstherapie:

  1. Therapie des süchtigen Verhaltens:
    Therapieziel: Einsicht, totale Abstinenz
    Wege zum Ziel: Darstellung der eigenen Lebensgeschichte und Trinkkarriere in der Kleingruppe  Identifikation mit Abhängigkeit, „Man kann nur bekämpfen, was man zuvor akzeptiert hat.“, Alternativen zum Trinken finden, Coping-Strategien für kritische Situationen finden, Vorträge um das Wissen über die Krankheit zu erweitern  durch Diskussionen das Wissen auf eigene Person übertragen, Filme über Alkoholschicksale zeigen, Wissen welche Speisen Alkohol beinhalten, Alkohol-Ablehnungstraining, Strategien zur Abgrenzung von problematischen Personen , Früherkennung von Emotionen, die Rückfälle begünstigen
  2. Therapie des Systems: Gespräche mit Familie, Freunden,… - Freizeitaktivitätsaufbau/ Beschäftigungstherapie
  3. Therapie der Grundstörung: Hemmungen, Traumata… Lebensziele klären, Phobien, Ängste,… beheben, sexuelle Probleme, Partnerprobleme,… bearbeiten

Behandlung besser stationär (Alkoholiker halten oft ihre Termine nicht ein bei ambulanter Behandlung!)