Sportpädagogik als Wissenschaft

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Klasse 13

Autor Traumfängerin

Veröffentlicht am 03.03.2018

Schlagwörter

Sport Pädagogik

Zusammenfassung

Bewegungs- und Sportpädagogik als Wissenschaft, ursprüngliche Idee einer „Integrationsdisziplin Sportwissenschaften“, Gegenstandsbestimmung der Bewegungs- und Sportpädagogik, Fragestellungen wie Wissenschaftscharakter, Forschungsmethoden werden behandelt

Bewegungs- und Sportpädagogik als Wissenschaft

Bewegungs- und Sportpädagogik und Allgemeine Pädagogik
Allg. Pädagogik als wissenschaftliche Disziplin existiert seit ca. 200 Jahren
Differenzierungsprozess der Allg. Pädag. In Spezialpädagogiken: Freizeit-, Umwelt-, Sozial-, Sportpädagogik,….
Bewegungs- und Sportpädagogik und Sportwissenschaften
Aus ursprünglichen Theorie der LERZ haben sich viele Spezialdisziplinen ausdifferenziert, die wiederum mit ihren Mutterdisziplinen in mehr oder weniger engem Kontakt stehen: SpoPäd, Sportmedizin, SpoPsycho, SpoSoziol, SpoGeschichte….

Ursprüngliche Idee einer „Integrationsdisziplin Sportwissenschaften“

Aktuelle Lage: immer mehr auseinander driftende, heterogene Ansammlung von Disziplinen, die sich mit den Phänomenen Sport, Spiel, Bewegung, Körper/Leib, Leistung, Wettkampf,… beschäftigen.
Die Sportpädagogik untersucht diese einheimischen Phänomene unter pädagogischer Perspektive.

Gegenstandsbestimmung der Bewegungs- und Sportpädagogik
Einwendung gegen die Gegenstandbestimmung der Theorie der LERZ (60er bis 70er Jahre):
Einengung des Phänomen Sport auf pädagogische Zwecksetzung im Sinne des Schulsports, außerschulischer Sport wurde ausgeblendet

Reduktion der pädagogischen Legitimation auf anthropologische Begründungsstrategien, die gesellschaftlichen Komponenten von Sport und Körperlichkeit kamen zu kurz.
Verkürztes Verständnis von Pädagogik, Begriffe der Bildung und Erziehung standen im Zentrum, Sozialisationseinflüsse kamen nicht in den Blick.

Verständnis der Pädagogik als normative Erziehungspraxis, theoretische Fragestellungen wie Wissenschaftscharakter, Forschungsmethoden usw. wurden kaum diskutiert, es bestand ein allgemeines Theoriedefizit.
Sportpäd. ist diejenige Teildisziplin der Erziehungs- und Sportwissenschaft, die das sportliche und spielerische Bewegungshandeln in seinen institutionalisierten und nichtinstitutionalisierten Formen vorrangig unter den Motiven Bildung, Erziehung, Sozialisation und Lernen mit Hilfe verschiedenartiger Forschungsmethoden untersucht. (Meinberg 1984)

Wissenschaftscharakter der Sportpädagogik
● Sportpädagogik ist eine reflexive Beratungswissenschaft
● Aufgabe: theoretische Durchdringung des sportlichen und spielerischen Bewegungshandelns, des pädagogischen Handelns und des eigenen wissenschaftlichen Handelns.
● Theoretische Sportpädagogik: Theorie von der Praxis
Praktische Sportpädagogik: Theorie für die Praxis.
Sportpädagogische Praxis als Ansatzpunkt und Prüfstein für die Theorie. (Menschen versuchen, die Wissensch. in die Praxis umzusetzen – das gelingt eher schlecht anspruchsvolle Aufgabe (unterschiedliche Sprache)
● Sportpädagogik ist keine Rezeptsammlung für die Probleme der Praxis.
Die Praxis ist zu vielfältig und das menschliche Verhalten nicht eindeutig erfassbar, als dass eindeutige Regeln für alle Situationen aufgestellt werden könnten.
Theorien sind immer selektiv, sie beziehen sich nie auf die gesamte Praxis (Theorie-Praxis-Problem). Ist eine Theorie gut wenn sie umsetzbar ist?

Forschungsschwerpunkte der Sportpädagogik

● Historiographie der Sportpädagogik
Ideen- und sozialgeschichtliche Betrachtung unter pädagogisch relevanten Aspekten
● Pädagogische Theorien des Schulsports und des Sportunterrichts
in enger Beziehung zur Sportdidaktik, Schulsportkonzepte
● Pädagogische Theorien des außerschulischen Sports
Thematisierung des Sports außerhalb der Institution Schule (Freizeitsport,
gesundheitsorientierter Sport, Hochleistungssport) unter pädagogisch relevanten Aspekten. (Sportpädagogik entwickelt auch Theorien im außerschulischen Sport (Leichtathletik, Hochleistungssport, …)

● Sportpädagogische Theorien des Spiels
Bewegungsspiel in seiner pädagogischen Bedeutung, Differenzen sportlichen und
spielerischen Handelns. Möglichkeiten der Spiels und Einsatzes des Spiels werden immer von der Sportpädagogik miteinbezogen.
● Vergleichende Sportpädagogik
Sportpädagogik im internationalen Vergleich; anderes Demokratieverständnis, verschiedene Lehrpläne bzw. keine Lehrpläne.
● Theorie der Sportpädagogik
Grundlagenforschung der Sportpädagogik, Metatheorie, Konstitutionsfragen,
Legitimationsfragen, Grenzbestimmungen.

Bewegungs- und Sportpädagogische Zielsetzungen
Der Sportunterricht soll:
zu lebenslangen Sporttreiben motivieren
die Gesundheit fördern
die Körperwahrnehmung verbessern
Mädchen stärken und Burschen sensibel machen
die körperliche, psychische und soziale Entwicklung fördern
die körperliche Fitness verbessern
Süchten vorbeugen
Spaß machen
die Handlungsfähigkeit im Sport entwickeln
Trendsportarten mit einbeziehen
die Leistungs- und Anstrengungsbereitschaft fördern
das Selbstbewusstsein stärken
intensive Erlebnisse vermitteln
Gewalt und Aggressionsbereitschaft bekämpfen
Schlüsselqualifikationen (Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit, Medienkompetenz) fördern
Naturbegegnungen schaffen und ökologische Sensibilität entwickeln
soziales Lernen fördern
soziale Tugenden entwickeln (Fairness, Zuverlässigkeit, Hilfsbereitschaft, Rücksichtnahme auf Schwächere, Bereitschaft zur gewaltfreien Konfliktbewältigung)
verlorene Bewegungsspielräume ersetzen
Beiträge zu einer bewegten Schule leisten
sportliche Talente erkennen und fördern
mit dem organisierten Sport zusammenarbeiten
interkulturelle Toleranz und Verständnis für Fremde fördern

Sportpädagogische Zielsetzungen zwischen Sport-Sozialisation und Bewegungs-Personalisation

Sport- und bewegungspädagogisches Handeln

Voraussetzungen„objektive“ Bedingungen dersubjektive Möglichkeiten u.
soziokulturellen UmweltWünsche (pers. Potentiale)

BezugSport als normiertes u.sich bewegende Menschen
leistungsorientiertes System

AufgabenSport-Sozialisation Bewegungs-Personalisation

Gegenwärtige Merkmale der Kindheit nach Hartmut von Hentig
Medienkindheit: Erfahrungen aus 2. Hand“- Weniger Erfahrungen aber besser informiert
Konsumkindheit: „Konsumterror“ – Produkt-Kompetenz; arme und reiche Kinder
Pädagogische Kindheit: Zunehmender Umgang mit Erwachsenen aus pädag. Berufen
Schulkindheit: Zunehmend institutionalisierte und „ghettoisierte“ Kindheit – Schule als Lebensraum
Zukunftskindheit: Kindheit als Ausbildungszeit Verlust der Kindheit
Stadtkindheit: „Innenraumkindkeit“ und spezialisierte Außenräume
Gleichaltrigen-Kindheit: Altershomogenität in Institutionen, fehlende Rollenbilder für das Heranwachsen
Kleinfamilien (Einzelkinder) u. „Restfamilien“-Kindheit (Alleinerzieher): Sozial defizitäre Kindheit  „ideale“ Kindheit

Zur Veränderung des kindlichen Bewegungs-, Spiel- und Sportverhaltens von den 50er Jahren bis heute
Verschwinden der Straßensozialisation: Kinder bewegen sich immer weniger auf den Straßen
Verhäuslichung und Verinselung: Kinder verbringen immer mehr Zeit zuhause
Einpassung der Kinder in Zeitraster der Dienstleistungs-Organisationen: zb Kann nur Sport betreiben wenn Kurs angeboten wird
Institutionell geregelter Zugang zur Sportspielkultur: besuchen immer früher Sportvereine – steigen aber auch früher wieder aus.
Sportive Kindheit: viel früher in sportliche Handlungsmuster eingeführt
Frühe Spezialisierung, starke Fluktuation und früher Drop-out
früher: keine Bälle; heute: z.B. früh zum Fußball, Kleidung usw. früher Drop-out
Verschwinden einer weitgehend autonomen und selbstorganisierten Kinderspiel-Kultur
Vielfacher Verlust der Fähigkeiten, Spiele selbst zu organisieren und zu regeln.

Sportpädagogische Folgerungen aus der Veränderung der Kindheit
Schule als Lern-, Erfahrungs- und Lebensraum für Kinder und Jugendliche gestalten.
Situationen organisierter Bewegungserfahrungen schaffen, in denen Kinder selbstinitiiert und selbstgeregelt spielen und selbsttätig Erfahrungen sammeln können.
Erkundungen außerschulischer Bewegungsaktivitäten.
An der Bewegungsbiographie anknüpfen, die von Kindern betriebenen Bewegungsaktivitäten thematisieren und gemeinsam mit ihnen innerhalb und außerhalb der Schule erproben sonst museales Turnen – nach der Stunde die „wahre“ Sportbekleidung anziehen und skaten usw. gehen.
Gegenseitige Anregung zu Bewegungsaktivitäten durch die Kinder selbst
Öffnung der Schule für soziale Bezugsgruppen der Kinder.

Zum Bild der Jugend in der modernen Jugendforschung
Verlust gewachsener und stabiler soziokultureller Lebensmuster in modernen Gesellschaften
Lebensorientierungen müssen in der Moderne weitgehend in eigener Regie entwickelt werden.
Jugendphase: ein Reflex auf die Anforderungen komplexer moderner Gesellschaften, die die Entwicklung einer innengeleiteten Persönlichkeitsstruktur erforderlich machen.
Jugend ist eine Orientierungsphase zur Entwicklung personaler und sozialer Identität.
Wichtigste Entwicklungsaufgaben in der Jugend:  Lösung aus der familiären Beziehung
Aufbau eines sozialen Netzwerks Gleichaltriger  Erwerb eines neuen Verhältnisses zum veränderten Körper  Übernahme bestimmter Geschlechtsrollen  Aufbau einer intimen Partnerbeziehung  Erwerb und Festigung einer relativ stabilen Identität einschließlich eines eigenen Lebensentwurfs  Individuelle Nutzung des Konsumgüter- und Freizeitmarktes  Erwerb schulischer und beruflicher Qualifikationen
Der Einfluss der Familie nimmt ab
Die Gruppe der Gleichaltrigen (peer-group), mit denen jugendliche Lebensstile erprobt werden, gewinnt zentrale Bedeutung.
Jugend ist ein „psycho-soziales Moratorium“ für Suchprozesse der Selbstentfaltung und der sozialen Kompetenzausbildung.
Jugendphase von Suchbewegungen geprägt, in deren Verlauf Identitäten und Teilidentitäten oft nur auf Zeit übernommen werden.
Jugendphase stelle eine Wanderung durch verschiedene „soziale Milieus“ und einen Raum zur Bildung von „Bastelbiographien“ dar. (Jugendliche basteln sich ihre eigene Vorstellungen durch Vorbilder und gesammelten Erfahrungen.)
Jugendszenen sind gemeinsame Inszenierungen von Selbstentwürfen und Lebensgefühlen.
Jugendkulturen sind erlebensintensive Gegenentwürfe zur etablierten Erwachsenenkultur.
Freizeit stellt einen Raum „verdünnter Sozialkontrolle“ dar. Sie ist ein besonderer Spielraum für selbstgestaltete Aktivitäten mit hohem Erlebnisgehalt.
Jugend ist heute keine bloße Übergangsphase zum Erwachsenendasein mehr, sondern eine immer stärker gegenwartsorientierte, selbständig zu gestaltende Lebensphase.
Der Lebenslauf als chronologisches Ablaufmuster wird diffuser und zunehmend entchronologisiert. Die Jugendphase dehnt sich in der Kindheitsphase und in das Erwachsenenalter aus.
Immer stärkere Individualisierung und Ausdifferenzierung in vielfältige Jugendszenen schafft für die Jugendlichen Orientierungsprobleme, da die Vielfalt der Optionen zunimmt.
Jugendliche basteln sich eigene Lebensstile unter Verwendung von Versatzstücken der Konsumkultur zusammen
Jugendliche sind wichtige kulturelle Neuerer. . (Man „studiert“ die Jugendlichen, und macht „Mode“ daraus. So entstanden Kleidungs-, Musikstile in den Gesellschaften)
Die Gefährdungslagen nehmen aufgrund zunehmender sozialer Ungleichheit zu. (Drogen, Rauchen,… abweichende Lebensformen werden öffentlich)
Sportliche Aktivitäten werden von Jugendlichen entwickelt, werden ev. von ganzer
Gesellschaft aufgenommen andere sportliche Aktivitäten entwickeln sich. Sie probieren
immer neue Dinge aus.

Welche Funktionen haben jugendkulturelle Bewegungsformen wie Streetball,…. für Jugendliche?
These: Streetball hat eine wichtige Funktion bei der Entwicklung eines männlichen
Selbstkonzepts
Streetball ist Ausdruck einer jugendl. Suchbewegung nach einer Männerrolle,
der Streetball-Platz ein Raum für männliche Selbstsozialisation
Merkmale des Streetball-Spiels:
fast ausschließlich männliche Jugendliche
unverbindliche Teilnahme
betont harte, aggressive Spielweise (no blood, no foul)
kraftbetontes Spiel (Mann gegen Mann)
Talk trash: sprachliches Spiel mit Provokationen und Herausforderungen als Selbstbehauptung in der Gruppe
Coole Selbstdarstellung in den Feierritualen
Expressive Selbstdarstellung durch spektakuläre Aktionen sind wichtiger als Sieg der Mannschaft
Verdichtung des Spiels auf Erlebnishöhepunkte: kleinere Mannschaften, ein Korb, schneller Wechsel zw. Angriff und Abwehr, primär Spiel 1:1, vile Korbwurfaktionen

Wesentliche Bezugspunkte des Streetballspiels
Bezugspunkt: NBA-Stars  Inkarnationen eines prägnanten Männlichkeitsbildes  Jugendorientierte Fernsehberichterstattung
Bezugspunkt: Streetball der farbigen Jugendlichen Amerikas:
Streetball Kern eines gegenkulturellen Lebensentwurfs der farbigen Jugendlichen aus den Slums der großen Städte.
Außenseiter-Image
Straße als Gegenpol zur erlebnisarmen Welt
öffentliche Raumeroberung
unverbindliche Teilnahme
-überdimensionierte Kleidung
-„unordentliche“ Bekleidungsinszenierung
Hip-Hop und Rap Music
dunkle Schlamm- und Asphaltfarben, Motive im Graffiti-Stil
Zur Funktion des Streetballspiels für Jugendliche
Streetball als zentraler Bestandteil eines besonderen Lebensstils, dem eine identitätsbildende und distinktive Funktion zukommt.
Der Verlust klar konturierter, tradierter Geschlechtsrollen wird von einigen Jugendlichen mit einer Zuwendung zu pointierten Männerbildern beantwortet.
Im Streetball haben sich die Jugendlichen in Anlehnung an ein gesellschaftliches Vorbild ein „Bekräftigungsmilieu“ geschaffen, in dem in legaler Form körperlicher Härte, Durchsetzungskraft und Stärke erfahren werden könne.
Streetball umgibt sich mit einem Gestus sozialer Randständigkeit, mit der Freiheit, Wildheit und Unbezähmbarkeit der Straße.
Der Vereinssport (Schulsport) wird als uncool eingeschätzt
No coaches, no points, no rules!
Im Streetball findet eine Inszenierung nonkonformer harter körperlicher Auseinandersetzung statt.
Streetball ist ein wichtiger Bewegungs- und Erfahrungsraum, in dem Jugendliche Bilder ihrer selbst und der Welt entwerfen, diese Entwürfe handelnd verwirklichen und Erfahrungen mit ihnen sammeln.
Im Streetball finden wichtige selbstgesteuerte Bildungsprozesse statt.
Passt Streetball in die Schule? Würde dies diesen Sport ruinieren?
In der Schule spielt der Lehrer den Schiedsrichter, was nicht erwünscht ist.
Ich darf für diesen Sport keine Wettkämpfe organisieren. Dies ist nicht erwünscht.

Hinweise auf einen sportpädagogisch reflektierter Umgang mit dem Streetball-Spiel
Abstand wahren: um den Jugendlichen einen wichtigen Bereich spielerischer Selbstinszenierung zu lassen.
Räume schaffen: Jugendlichen unverregelte Räume und frei zugängliche Bereiche im Sinne von ökologischen Nischen schaffen
Teilnehmen und reflektieren: Problem: Fixierung auf ein archaisches Männlichkeitsbild! Gemeinsam an Bewegungsaktivitäten vor Ort teilnehmen und im Nachhinein kritisch reflektieren.